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Die zehn besten Bücher von Patricia Highsmith

Joan Schenkar ist die Autorin der ersten maßgeblichen Biographie über Patricia Highsmith, Die talentierte Miss Highsmith. Zum Filmstart von Die Zwei Gesichter des Januars nach der gleichnamigen Romanvorlage baten wir Schenkar um eine Liste der besten Bücher von Patricia Highsmith.

Foto: © Simone Sassen

»Für mich ist es unmöglich«, schrieb Patricia Highsmith (1921-1995), die düstere Grande Dame der amerikanischen Literatur (und schwieriges Objekt für eine Biographin), »Tag um Tag fortzuleben, ohne mich selbst auf den Prüfstand […] zu stellen.« Und so klapperten die Tasten ihrer kaffeebraunen Olympia-Deluxe-Schreibmaschine unter ihren übergroßen Händen wie Pistolenschüsse – das Ergebnis waren zwischen fünf und sieben Seiten druckfertiger Text, Tag für Tag.

Sie tippte jede Seite zweimal – so sei es ordentlicher, sagte sie (ihr inneres Chaos erforderte die Strenge einer Bibliotheksaufsicht) – und webte dabei aus den Ideen in ihrem Kopf die typischen »Realitäten« ihres fast dreißig Bände umfassenden Werks: reich an Fallstricken und doppelbödiger Psychologie. Mit Tom Ripley schuf sie in Der talentierte Mr. Ripley eine Kultfigur, doch hunderte weiterer schmerzhaft akkurater Schilderungen stiller Grenzüberschreitungen in ihren anderen Romanen, haben dem Leser neue Spielarten der Angst beschert.

Sie erfand Highsmith-Country, eine Parallelwelt und der Schauplatz all ihrer detailgesättigten Prosa. Dort werden gute Absichten schnell zu bösen, Unschuldige werden von Schuldgefühlen gequält, Identitäten, Geschlechterrollen und Genres lösen sich auf, und das Leben selbst legt sich gnadenlos wie eine Schlinge um jeden Hals, aus der sich nicht einmal ihre eigenen, begnadetsten Entfesselungskünstler mit Würde wieder lösen können.

Filmemacher versuchen sich seit Jahrzehnten an der Umsetzung ihrer Romane, doch lediglich in drei oder vier Fällen ist es jemandem gelungen, ihre vielen Codes zu knacken. So scheute selbst Alfred Hitchcock, der aus ihrer meisterhaften Vorlage sein Meisterwerk Der Fremde im Zug machte, vor der Darstellung der typischen Highsmith-Situation zurück: Zwei Männer, aneinandergefesselt durch die stalkerhafte Fixierung des einen auf den anderen, eine Fixierung, die immer auch ein verstörendes, implizit homo-erotisches Wunschbild enthielt.

Eine Ausnahme ist Hossein Aminis Neuverfilmung von Die zwei Gesichter des Januars. Der Film übertrifft den gleichnamigen Roman (der sich in komplizierten Schlaufen windet), weil er ihn auf einen Noir-Plot eindampft und mit ausreichend Zigarettenkonsum ausstattet sowie einer Highsmith'schen Ausgangssituation par excellence, die gar nichts anderes als Zerstörung mehr zulässt. Doch auch Patricia Highsmiths Leben schlägt das Publikum in seinen Bann: prall gefüllt mit Exzessen und Obsessionen: Immer hatte sie Mord im Sinn, und immer verwechselte sie das mit Liebe.

Hier sind nun in der Reihenfolge ihres Erscheinens einige der perfidesten und originellsten Romane von Pat Highsmith (und damit des zwanzigsten Jahrhunderts). Mich lassen sie seit Jahren nicht mehr los.

1. Zwei Fremde im Zug (1950) – In diesem bemerkenswerten Debütroman beschließen zwei Fremde, die sich eben erst kennengelernt haben, den geplanten Mord des jeweils anderen auszuführen und damit das perfekte Verbrechen zu begehen: Guy Haines, ein genialer Architekt, dessen mürrische Unschuld das Böse geradezu provoziert, und Charles Bruno, ein zwar wenig gebildeter, jedoch hochintelligenter Psychopath, der sich ihm unbedingt anschließen will. Die wie Zwillinge aufeinander bezogenen Helden verfallen sich gegenseitig unrettbar, vertauschen ihre Identitäten und führen ihre Verfolger in die Irre; ein exemplarisches Lehrstück zum Thema Schuld, wie es die moderne Literatur kaum je besser hervorgebracht hat.

Zwei Fremde im Zug
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2. Carol oder Salz und sein Preis (unter dem Pseudonym Claire Morgan, 1952) – Pat, die in ihrem Leben selbst tausendmal für die Liebe gestorben ist, hat in deren Namen in jedem ihrer Romane getötet – außer in diesem. Dennoch steckt Mord in den glänzenden Metaphern, und die bildreiche Sprache erinnert an Zwei Fremde im Zug, abgemildert zu lesbischer Liebe, die erwidert wird, dem einzigen »Verbrechen«, über das Patricia Highsmith nie geschrieben hat.

Salz und sein Preis ist eine ungewöhnliche Liebesgeschichte, mit einer diffusen Aura von Inzest, einem Fünkchen Pädophilie und gleichgeschlechtlichem Sex, der protokolliert, fotografisch festgehalten und strafrechtlich verfolgt wird. Dennoch gehen Carol und Therese, die unbeugsamen, wunderschönen Heldinnen, letztlich ungestraft und als Siegerinnen dieses faszinierenden Romans hervor, der seiner Autorin ihr Leben lang unangenehm war.

Salz und sein Preis
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3. Der Stümper (1954) - Mit ihrem untrüglichen Gespür für sadomasochistische Beziehungen stellt Pat einen Rollentausch in den Mittelpunkt dieses ungewöhnlichen Buchs. Als der dünne, von allem Britischen begeisterte Walter Stackhouse zufällig auf den Mord an der Ehefrau des dicken Ausländers Otto Kimmel stößt, ist er von der Tat so fasziniert, dass die beiden jeweils zum ungleichen Alter Ego des anderen werden. Beiden Männern gemein sind eine träge Libido und zwiespältige sexuelle Neigungen, Eigenschaften, mit denen Highsmith alle ihre männlichen Figuren ausstattet. Walter macht sich eines Verbrechens verdächtig, das er nicht begangen hat, tötet den falschen Mann und stolpert schließlich bei einer Verfolgungsjagd, die selbst in der Literatur ihresgleichen sucht, in seinen eigenen Tod.

Der Stümper
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4. Der talentierte Mr. Ripley (1955) – Mein Kandidat für den Großen Amerikanischen Roman und bekanntester Einwohner von Highsmith-Country. Tom Ripley, der charmante, mit eindeutig männlichen Attributen nur sparsam ausgestattete Serienmörder/Fälscher/Betrüger/Identitätsdieb, hat mit seiner Autorin Einiges gemeinsam: Beide verwechseln Mord oft mit Liebe und streben im Leben stets nach »dem Besten«. Pat verkehrt in diesem Buch den Plot von Henry James’ Die Gesandten, indem sie Ripley einen gutaussehenden, selbstbewussten Nutznießer eines Treuhandfonds zur Seite stellt, den dieser aus Europa zurückholen soll (anstatt ihn zu küssen bringt Tom Dickie Greenleaf um und nimmt dessen Identität an). Wie sie interpretiert der Liebling unter ihren Soziopathen den amerikanischen Traum auf seine ganz eigene Art.

5. Tiefe Wasser (1957) – Ein ebenso glänzender wie verstörender Roman, dessen Hauptfigur, der Psychopath Vic van Allen, Sex ablehnt, zu Hause in Küchenschürze kocht und putzt, sich um sein Kind kümmert, zwei Liebhaber seiner Frau umbringt und schließlich – kein Mann halber Sachen – die Frau selbst auch noch. Er unterhält sich damit, seinen Schnecken bei ihrem langsamen Geschlechtsakt zuzusehen, sich von den Wanzen, die er als Haustiere hält, das Blut aussaugen zu lassen, und das Gerücht von ihm als Mörder, der seiner Zeit voraus sei, zu nähren.

Tiefe Wasser
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6. Der süße Wahn (1960) – Die Geschichte des Psychopathen William Neumeister, der sich eine zweite Identität inklusive zweier Wohnadressen erschafft, ist einer von Highsmiths interessantesten Romanen. Der Protagonist ist besessen von einer Frau, baut ihr ein Haus (und im Kopf eine imaginäre Beziehung zu ihr auf), um dann aus seinem Traum in die Wirklichkeit herauszutreten und ihren Ehemann zu töten.
Eine ungewöhnlich lebendige Szene: William Neumeister setzt sich an einen Tisch im ›Romeo Salta‹ in Manhattan und bestellt zwei vollständige italienische Menüs: Eins für sich und eins für die Frau, die nur er sieht.

Der süße Wahn
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7. Der Schrei der Eule (1962) – Nach einer traumatischen Ehe (und wie alle männlichen Highsmith-Charaktere eher von Unlust erfüllt, wenn es um Sex mit dem anderen Geschlecht geht) wird aus Robert Forester ein vorsichtiger, zurückhaltender Stalker, der mit seinem gelegentlichen »unschuldigen« Voyeurismus einen rachsüchtigen Verfolger (sowie eine rachsüchtige Ex-Frau) auf den Plan ruft und damit Tod und Verzweiflung über alle bringt, die er kennt. Pats gespenstischster Roman.

Der Schrei der Eule
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8. Das Zittern des Fälschers (1969) – Was passiert, wenn ein unentschlossener, zur Abwechslung mal nicht psychopathischer, respektabler Abkömmling einer Schriftstellerfamilie aus Greenwich Village auf einmal in Nordafrika auf sich allein gestellt ist und weder Bräuche noch Sprache versteht? Nun, unter anderem verlieren Moral und Gewalt jegliche Bedeutung für ihn, und er wirft mit einer Schreibmaschine des Typs, den auch Pat benutzt (man kann den Spaß, den sie beim Schreiben der Szene hatte, geradezu schmecken), nach einem Dieb und tötet ihn damit.

Das Zittern des Fälschers
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9. Ripley Under Ground (1970) – Wie von allem, was mit der Veränderung von Identität zu tun hatte, war Highsmith fasziniert von Fälschungen. Dementsprechend verbergen sich unter der Oberfläche dieses zweiten Ripley-Romans überzeugende ästhetische Argumente für gefälschte Kunst. Ripley ist mittlerweile mit einer reichen Erbin verheiratet (ihre goldenen Haare vergleicht er mit dem Glanz von Geldstücken). Er zieht jedoch die Gesellschaft männlicher Verbrecher vor und ist in eine internationale Fälschungsoperation involviert, für die er die Identität eines toten Künstlers annehmen, einen Kunstsammler (mit einer Flasche wertvollen Bordeaux) umbringen und die Leiche seines Lieblingsfälschers verschwinden lassen muss. »Ich fürchte mich davor zuzugeben, wie sehr mir das gefallen hat«, schrieb Pat. Mir gefällt es auch.

Ripley Under Ground
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10. Pats Ambivalenz ist ansteckend: Hier sind drei Romane, deren Stil mich hin und wieder in den Wahnsinn treibt (ihre Prosa wirbelt wie ein Besen unwichtige Fakten und lose Plotenden auf), deren Inhalt mich jedoch begeistert. Der Geschichtenerzähler (1965) – Ein amerikanischer Schriftsteller, der in Suffolk lebt, tauscht die langweiligen Aspekte seines Leben gegen die mörderischen Motive seines Werks aus. Venedig kann sehr kalt sein (1967) – Eine Frau nimmt sich das Leben, zwei Männer trauern um sie und forcieren in Venedig sowohl den eigenen Tod als auch den des anderen. Ediths Tagebuch (1977) – Eine sanftmütige Frau rutscht in eine verrückte Welt voller Horror und Morde ab, während ihr Tagebuch ein fröhliches und erfolgreiches Leben vorspiegelt.

Der Geschichtenerzähler
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Venedig kann sehr kalt sein
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Ediths Tagebuch
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Abgedruckt mit freundlicher Genehmigung von Publishers Weekly. © 2014 PWxyz LLC. Übersetzt aus dem Amerikanischen von Jenny Merling.

 

Heute vor 20 Jahren, am 4. Februar 1995, ist Patricia Highsmith gestorben. Die talentierte Miss Highsmith von Joan Schenkar ist die maßgebliche Biographie über das mysteriöse Leben und die phantastische Schöpferkraft von Patricia Highsmith. Minutiös recherchiert und außergewöhnlich vergnüglich zu lesen, mit einem Bildteil und vielen zeitgenössischen Dokumenten im Anhang. Das Standardwerk zum Ausnahmetalent unter den Kriminalschriftstellerinnen.

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