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»Wenn wir über den Tod sprechen und uns mit ihm beschäftigen, wird der Umgang mit ihm einfacher.«
Ein Interview mit Louise Brown, Teil 2

Journalistin und Trauerrednerin Louise Brown hat mit Was bleibt, wenn wir sterben ein leichtes Buch über ein schweres Thema geschrieben. Mehr über die Inspiration zum Buch, ihre Arbeit als Trauerrednerin und den Verlust der eigenen Eltern im Diogenes Interview, Teil 1. Am 24.10.2021 startet die 2. Staffel ihres Podcasts Meine perfekte Beerdiung in Deutschlandfunk Kultur in der Sendung Plus Eins.

Foto: Gene Glover / © Diogenes Verlag

Warum lohnt sich eine Auseinandersetzung mit dem Tod bereits, bevor jemand im nahen Umfeld tatsächlich stirbt? Warum nicht einfach verdrängen?

Louise Brown: Für einige ist Verdrängen vielleicht der Weg, mit dem Tod umzugehen. Der Tod ist sehr individuell. Für mich kann ich nur sagen: Wenn wir über den Tod sprechen und uns mit ihm beschäftigen, wird der Umgang mit ihm einfacher. Man kann sich nicht für die Trauer wappnen, doch je man mehr über sie weiß, desto besser ist man darauf vorbereitet, dass man in der Trauerzeit nicht wie gewohnt funktioniert. Das entlastet in einer ohnehin schwierigen Zeit sehr. Durch das Erzählen unserer Verlusterfahrungen, durch das Teilen unserer Gedanken über den Tod und das Sterben zeigt man anderen Menschen zudem, wie man mit dem Verlust leben kann. Die Verluste meiner Eltern haben mich unter anderem umgehauen, weil der Tod für mich vorher ein Tabuthema war. Wir können es unseren Liebsten einfacher machen, mit dem Tod zu leben, indem wir mehr Leichtigkeit in den Umgang mit einem so schweren Thema bringen.

Welche praktischen Tipps im Umgang mit der Trauer und unserer Endlichkeit können Sie uns mitgeben?

Louise Brown: Wenn ein Bekannter einen Verlust erlitten hat, ist es nicht nötig, so viel darüber nachzudenken, ob man eventuell etwas Falsches sagt. Wer trauert, ist oft innerlich einsam und freut sich über jede Anteilnahme. Da reicht auch ein: »Ich weiß nicht, was ich sagen soll! Aber ich fühle mit dir.« Und was die eigene Endlichkeit betrifft: Oft ist es für Angehörige eine große Entlastung zu wissen, dass die Mutter ein bestimmtes Lied für ihre Trauerfeier schön fände. Also kann man irgendwo notieren, welches Lied man sich für seine Trauerfeier wünscht. Das kann für die Hinterbliebenen sehr wertvoll sein.

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Was bleibt, wenn wir sterben

Erfahrungen einer Trauerrednerin

Als Trauerrednerin in Corona-Zeiten: Inwiefern hat das Ihre Arbeit verändert?

Louise Brown: In Corona-Zeiten Abschied zu nehmen ist für die Familien noch schwerer, als es das ohnehin ist. Wenn ich sehe, wie die Familienmitglieder bei den Trauerfeiern mit dem vorgeschriebenen Abstand voneinander entfernt sitzen, erscheinen mir diese Meter wie Gräben. Und es bricht mir das Herz, wenn ich in einem Trauergespräch dem lieben Witwer gegenübersitze, der seine krebskranke Frau, die drei Wochen im Krankenhaus lag, aufgrund der Ansteckungsgefahr nicht mehr besuchen durfte. Kurz nachdem ihm dann doch noch ein Besuch ermöglicht wurde, starb sie.
Stattdessen, denke ich, sind die Trauergespräche bedeutsamer geworden: Es ist wichtig, sich offen austauschen zu können, wenn die menschlichen Kontakte unter Corona ohnehin stark zurückgegangen sind. Vielleicht hat auch diese bedrückende Zeit dazu geführt, dass die Menschen sich nun mehr mit dem Thema Verlust beschäftigen und sich offener zu ihrer Trauer bekennen.
Praktisch gesehen, sind meine Aufgaben als Trauerrednerin vielseitiger geworden. Ich halte jetzt ganze Trauerfeiern auf dem Friedhof, wenn es das Wetter erlaubt. Zudem habe ich begonnen, die Trauerreden zu Hause als Audiofile einzusprechen, um diese an die Angehörigen zu senden, die aufgrund der begrenzten Besucherzahlen nicht zur Abschiedsfeier kommen konnten.

Was haben Sie selbst aus der Konfrontation mit der Endlichkeit gelernt?

Louise Brown: Sehr viel! Ich schätze vermeintlich banale Dinge viel mehr. Ich versuche, jeden Moment mit meinen Kindern innerlich abzuspeichern. Ich schiebe weniger Dinge auf: Dazu gehört dieses Buch. Ich habe gelernt, weniger Angst vor scheinbaren Hürden zu haben. Mein heutiges Motto lautet eher: Fear is temporary, but pain is forever (Angst geht vorüber, der Schmerz bleibt). Denn vor allem eines hat mir die Erfahrung mit der Trauer gezeigt: Auch wenn ich der Meinung bin, nicht mehr weitermachen zu können, werde ich die Kraft dafür doch finden.

(Das Gespräch führte Kerstin Beaujean, März 2021 © by Diogenes Verlag AG Zürich)

Erfahren Sie mehr von Louise Brown in diesem Youtube-Video.

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