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»Die Slow Horses in der gefährlichsten Situation, in die sie je hineingeraten sind«
Ein Gespräch mit Mick Herron

Fans der britischen Spionagereihe um die Slow Horses samt Chef Jackson Lamb dürfen sich freuen. Am 23.8.2023 erscheint Joe Country, der sechste Band der Spannungsserie von Mick Herron

Im Diogenes Interview spricht der britische Thrillerautor, dem immer wieder Insiderwissen nachgesagt wird, über den neuen Fall, über das Finden von Inspirationsquellen und darüber, ob und wie die kongeniale Serie auf Apple TV sein Schreiben beeinflusst hat.

Foto: © Alberto Venzago

Joe Country ist der 6. Band Ihrer Serie um die Abservierten aus dem MI5. Worum geht es dieses Mal?
Mick Herron: Joe Country beginnt als persönliche Nachforschung: Louisa Guy wird gebeten, bei der Suche nach dem jugendlichen Sohn eines ehemaligen Kollegen zu helfen, aber diese scheinbar einfache Aufgabe bringt sie und die anderen Slow Horses in die gefährlichste Situation, in die sie je hineingeraten sind.

Woher nehmen Sie immer wieder neue Ideen? Und wann und wo kommen Ihnen die besten Einfälle?
Mick Herron: Oh, wenn ich das nur wüsste ... Ich befinde mich gerade in der Anfangsphase eines neuen Buchs. Eine gute Idee zu finden, um in die Gänge zu kommen, erscheint mir zu Beginn immer fast unmöglich. Und dann, irgendwann, lichtet sich der Nebel, und ich weiß, worüber ich schreiben will. Zumindest hat es bisher immer so funktioniert.

Inzwischen gibt es die Verfilmung der Buchreihe als  Apple TV-Serie. Sie waren ja auch selbst oft am Set dabei. Hat die Serie und die Darstellung der Schauspieler:innen Ihre weitere Arbeit an den Büchern stark beeinflusst?     
Mick Herron: Nein, das glaube ich nicht. Die Besetzung ist großartig, und ich könnte nicht zufriedener mit der Verfilmung sein, aber wenn ich schreibe, konzentriere ich mich sehr auf die Worte auf der Seite, und habe keine Filmbilder im Kopf. Bisher habe ich die Erfahrung gemacht, dass sich die Darstellenden eher an den Figuren in den Büchern orientieren als umgekehrt.

Im Herbst wird die 3. Staffel der Serie auf Apple TV+ ausgestrahlt, aktuell wird die 4. Staffel gedreht. Werden Sie wie schon beim letzten Mal auch wieder bei den Dreharbeiten am Set dabei sein?
Mick Herron: Ein Teil der Dreharbeiten fand in der Nähe meines Wohnorts, in Oxford, statt, und ich habe ein paar Tage mit dem Team verbracht. Bald werde ich sie wieder besuchen, wahrscheinlich am Set von Slough House. Es ist faszinierend, bei den Dreharbeiten zuzusehen, ein mühsamer Prozess, bei dem alles unzählige Male gefilmt wird, damit verschiedene Kameraperspektiven aufgezeichnet und die Schauspielerinnen und Schauspieler ihren Text unterschiedlich interpretieren können. Den Großteil der Zeit über beobachte ich einfach nur die Crew. So viel Talent, so viel Einfallsreichtum und technisches Know-how sind nötig, um einen Film zu drehen! Ich bin begeistert von dem ganzen Fachwissen, das hier zum Einsatz kommt. Ein wirklich beeindruckendes Team!

Foto: © Apple TV+

Immer wieder müssen wir uns von bekannten Figuren der Reihe verabschieden. Der neue Band beginnt mit der Beerdigung des „Old Bastards“, River Cartwrights Großvater, und es kommt auch noch zu weiteren Verlusten im Slough House. Fällt es Ihnen eigentlich schwer, immer wieder Figuren ins Jenseits zu befördern?
Mick Herron: Ja. Ich tue es nur, wenn die Handlung es erfordert, und ich vermisse die Figuren auch. Nicht, weil ich tatsächlich an sie glaube oder ihren Tod betrauere, aber jedes Mal bedeutet es auch, dass ich diese eine Stimme beim Schreiben nicht mehr verwenden kann.

Neben den bekannten Figuren kommen auch immer wieder neue hinzu. Welche ist Ihnen in Joe Country besonders ans Herz gewachsen, bzw. bei wem hatten Sie besonders Spaß, über ihn oder sie zu schreiben?
Mick Herron: Das ist der Vorteil, wenn ich Figuren töte – ich kann wieder neue erfinden. In Joe Country gibt Lech Wicinski sein Debüt als Slow Horse. Er hat ein gewisses Maß an Traumata hinter sich und macht in diesem Buch noch mehr durch. Das hört sich so an, als ob ich ihn leiden lassen will, aber das stimmt überhaupt nicht. Es hat mir Spaß gemacht, ihm dabei zu helfen, seine Stimme zu finden, und ich freue mich, damit arbeiten zu können.  

In Joe Country sind zum ersten Mal auch die Royals involviert, nachdem es in den vorherigen Bänden eher um Politiker:innen ging. Möchten Sie dies in den folgenden Büchern weiter ausbauen? Worauf können wir uns hier noch freuen?
Mick Herron: Zufällig schrieb ich über die Royals – oder ein bestimmtes Mitglied des Königshauses –, gerade als dieses wegen seiner langen und engen Verbindungen mit bestimmten widerwärtigen Personen in Verruf geriet. Mein Interesse galt der augenscheinlichen Immunität vor der Justiz, die manche Menschen allein aufgrund ihrer Geburt genießen. Der betreffende Royal ist in den letzten Jahren glücklicherweise in Ungnade gefallen, größtenteils durch seine eigene Dummheit und Arroganz. Aber ich habe kein weiteres Interesse an ihm oder seiner Familie. In den folgenden Romanen wird es wieder um die Welt der Politik gehen.


Interview mit Mick Herron von Stephanie Uhlig, Mai 2023
Aus dem Englischen von Stephanie Uhlig

© by Diogenes Verlag AG Zürich


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Joe Country

Ein Fall für Jackson Lamb

In Slough House, dem Abstellgleis des MI5, werden Erinnerungen wach – nur leider keine guten. Catherine Standish kauft wieder Alkohol, und Louisa Guy wühlt in den Trümmern einer alten Liebe. Jackson Lamb quittiert das höchstens mit Flatulenz und einem Schluck Whiskey, doch selbst ihn holen die dunklen Schatten seiner Vergangenheit ein. Auf der Suche nach einem altbekannten Verräter schickt er seine Truppe ins Feld – aber nicht alle kehren zurück.


Mick Herron, geboren 1963 in Newcastle-upon-Tyne, studierte Englische Literatur in Oxford, wo er auch lebt. Seine in London spielende Jackson Lamb-Serie wurde vielfach ausgezeichnet, u.a. mit dem CWA Gold Dagger for Best Crime Novel, dem Steel Dagger for Best Thriller und dem Ellery Queen Readers Award, und mit Starbesetzung von Apple TV+ verfilmt.